Kennen Sie folgende Situation?
Sie werden gefragt, wie es ihnen geht, und sie antworten „sehr gut“ oder „wunderbar“. Darauf folgt ein kurzes Zucken im Gesicht des Gegenübers, ein kurzes Verharren o.ä., gefolgt von der sinngemäßen Aussage „oh – das hört man aber selten“.
Ganz abgesehen von der Tatsache, dass man in dem Moment jemandem gegenübersteht, der die Frage nicht nur als Floskel nutzte, sondern sie auch ernst meinte, frage ich mich - ist das wirklich so? Wenn ja – warum eigentlich?
Mir widerfährt das in den letzten Monaten häufig, und das schönste ist – daran ist kein Stück Übertreibung, es geht mir tatsächlich wunderbar, ich fühle mich persönlich rundum wohl!
Es sind jetzt reichlich 2 Jahre vergangen seit dem tiefgreifendsten medizinischen Eingriff, der für mich der Höhepunkt meiner Transition war, der GaOp in Indien, die mit soviel Emotionen, Schmerzen und psychischem Wirrwarr verbunden war.
2 Jahre, in denen ich endlich vollständig zu mir gefunden habe, angekommen bin in meinem wahren Ich. Seit Anfang 2019 hat die Normalität Einzug gehalten, wenngleich es ein „fertig“ wohl nie geben wird. Doch „fertig“ sind wir als Menschen sowieso nie, wir sind immer auf dem Weg der Erkenntnis, der Findung zu uns in unserem Umfeld und dem Sinn unseres Daseins. Insofern – alles im Lot!
Es hat sich ein wunderbares Alltagsgefühl eingestellt, es gibt kaum Tage, an denen ich unzufrieden wäre, schlechte Laune hätte, oder andere unschöne Momente. Egal, ob im privaten Umfeld, oder im Arbeitsumfeld, es geht mir blendend. Nie in meinem Leben zuvor kannte ich diese Zufriedenheit, Gelassenheit und Ausgeglichenheit. Mittlerweile weiß ich auch, dass dies nicht nur in mir so ist, ich strahle das offenkundig auch nach außen aus, andere Menschen nehmen es so wahr, und reflektieren es mir zurück. Manchmal gibt es Aussagen, wie diese: „Du scheinst ja im Überflug zu sein“, „Du strahlst ja fast immer“ oder „Man sieht es Dir an, wie es Dir geht“. Was gibt es Schöneres?
Nein, ich habe keine rosarot gefärbte Brille auf der Nase, ich schwebe nicht im Wolkenkuckucksheim. Klar habe ich auch meine Herausforderungen und Themen, habe z.B. die eine oder andere Nebenwirkung meiner OP's, doch all das kann meine positive Gesamtstimmung, meinen Optimismus und meine Lebensfreude nicht ernsthaft beeinflussen.
Zurzeit fahre ich viel U-Bahn in München, weil es an meinem Projekt-Arbeitsort keine Parkplätze gibt, und die U-Bahn mich bequem und entspannt durch die Stadt bringt, seit ich an geeigneter Stelle zu einer U-Bahnstation ein Parkhaus gefunden habe, dass morgens 08.30 Uhr noch freie Plätze hat.
Während gefühlt 70% der Menschen mehr oder weniger teilnahmslos in ihr Handy starren, manche scheinbar nur, um sich irgendwie zu beschäftigen, bereitet es mir mehr Vergnügen, meine Gedanken etwas schweifen zu lassen, und die Menschen um mich herum zu betrachten. Wobei – Vergnügen ist im Ergebnis dessen, was ich zu sehen bekomme, dann doch eher eine unpassende Beschreibung. Eigentlich ist es sogar ziemlich erschreckend, was ich da so zu sehen bekomme. Die Masse der Menschen macht einen etwas apathischen, gelangweilten oder mürrischen Eindruck. Ich kann nur wenige muntere und freudige Gesichter sehen, Freude auf den kommenden Tag oder etwas ähnliches. Manchmal fange ich sogar etwas skeptische Blicke zu mir auf, und wenn ich dann nach dem Grund suche, stelle ich fest, dass ich gerade ein Lächeln im Gesicht hatte, was mein Gegenüber wohl eher irritiert hatte. Manchmal gibt es doch ein Lächeln zurück, was mich dann erfreut.
Das fühlt sich für mich aktuell doch relativ unverständlich an. Ich habe Lust auf fast jeden neuen Tag, freue mich, wenn ich zur Arbeit fahre (natürlich freue ich mich auch auf den Feierabend oder das Wochenende), freue mich auf mein Umfeld. Wenn ich nach ausgiebigem Frühstück morgens vorm Kleiderschrank stehe, und mir das Outfit für den Tag aussuche, fängt heute der Tag schon freudig an. Ja, den Frauen-Klassiker gibt es ab und an schon auch – was ziehe ich denn heute an, ich habe nichts Anzuziehen! Doch zum Glück ist das real nicht mehr der Fall, die Schränke haben sich gut gefüllt, die Auswahl ist recht umfang- und abwechslungsreich, und es macht Spaß jeden Tag etwas Neues zusammenzustellen.
Die Arbeit macht nun wieder Freude, was sich vor noch nicht allzu langer Zeit ganz anders anfühlte. Noch als ich mein Buch schrieb, in den Monaten nach der großen OP in Indien, war das völlige Gegenteil der Fall, meine Motivation tendierte gegen Null. Um so glücklicher bin ich jetzt, dass es sich so gewandelt hat, und ich heute zufrieden und glücklich lebe. Mein schönes zu Hause – eine gute Homebase ist ganz wichtig für mich - und meine Partnerin, mit der es sich zur Zeit auch ganz wunderbar fügt, sind dabei ganz wichtige Anker für mich in ansonsten eher unruhigen Zeiten.
Noch nie hatte ich mehr Lust auf das Leben!
Das musste ich hier einfach mal kundtun...
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