Von der Raupe zum Schmetterling
April 20 - Geschlechterkampf

Gedanken zum "Kampf" der Geschlechter

oder

was Frauen fühlen, Männer verstehen, und ich tun könnte...

Was gibt es nicht alles für Sprüche und Klischees zum alten Thema des Unterschiedes zwischen Mann und Frau - versinnbildlicht in den konträren Planeten Mars und Venus - der Schwierigkeit des gegenseitigen Verstehens, der klassischen Missverständnisse zwischen dem Fühlen der Frauen, sowie dem Denken und Verstehen der Männer.

Es wurden diverse Bücher und Artikel geschrieben, wie der Klassiker "Männer sind vom Mars, Frauen von der Venus", die Frauenbewegung hat versucht - zum Teil übererfolgreich - die Rolle der Frau und des Mannes zu verändern, Männer sollten softer und häuslicher werden, Frauen sich dafür mehr um Karriere kümmern können - nicht alles ganz so prickelnd, was dabei heraus kam. Mittlerweile sind wir im 21. Jahrhundert angekommen, doch hat sich an dem uralten Konflikt was geändert, verstehen sich die Geschlechter jetzt besser?

Ich befürchte eher nicht, denn noch immer lästern und ratschen Frauen in ihren Mütter-, Ü40- oder Verlassenen-Runden über ihre gefühlsbefreiten oder davongelaufenen Männer, und lästern Männer in Kneipen über ihre nervigen Frauen, die sie nicht verstehen.

Es scheint also weiterhin so zu sein, dass es nicht nur die fundamentalen Unterschiede gibt, obwohl uns die Genderbewegung einreden will, das seien alles nur soziale Konstrukte, die biologischen Unterschiede zwischen den Geschlechtern wären von gestern, trotz aller neu entstandenen Frauen- und Männerbilder - weiche Männer und taffe Frauen im Business  - trotz vermeintlich toller, neuer, toleranter und offener Zeiten, hat sich die Kommunikations-Barriere zwischen den Geschlechtern nicht wirklich verflüchtigt.

Dabei wäre es doch alles so einfach, Frauen und Männer müssten einfach in ihren Beziehungen viel mehr über das Thema reden, einander erklären, was sie nicht verstehen können, was sie sehen und fühlen, oder eben auch nicht. Das sollte doch machbar sein, oder? Leider scheinbar mehrheitlich nicht - geschlechtsübergreifende Sprachlosigkeit ist noch immer ein Thema.


Doch halt, da gäbe es doch noch einen Mittelweg... In Zeiten, wo angeblich Transgender wie Pilze aus dem Boden sprießen, die, so glaubt man den Predigern der neuen bunten Welt, locker und flockig zwischen den Geschlechtern wandeln, sollten sie doch diese Lücke füllen können. Sie müssten doch in der Lage sein, die Widersprüche und Barrieren zu überbrücken, nein, gleich ganz aufzulösen, sich zumindest zu Mentoren zwischen den Geschlechtern aufschwingen können?

Aus meiner Sicht auf diese bunte „Menschenart“ muss ich Ihnen jedoch sagen, das wird leider auch wenig zielführend sein. Schaut man etwas genauer hinter den bunten Vorhang, sperrt seine Augen und Ohren in der Community etwas auf, folgt auch hier sofort die Ernüchterung. Egal, ob Transvestiten, DragQueens, Queere, Non-binäre, und was es sonst noch für neue Begriffe für all die Menschen gibt, die sich geschlechtlich nicht festlegen lassen wollen, oder zur Gaudi zwischen den Geschlechtern switchen, sie haben in der Regel mit ihren eigenen Problemen und Problemchen zu kämpfen, zeichnen sich oft nicht durch besonders feste Psyche aus, und werden der, nach Erlösung suchenden, Durchschnittsgesellschaft nur wenig neue Hoffnung bringen.


Bleiben noch die Personen, die sich im falschen Körper gefangen fühlen, keinesfalls zur Gaudi zwischen den Geschlechtern switchen wollen, das binäre Geschlechtermodell mehrheitlich auch nicht ablehnen, einfach nur in dem von ihnen gefühlten Körper leben wollen - Menschen mit dem Thema Transsexualität/Transidentität - ich nenne Sie hier trans* Personen.

Sie gehen einen langwierigen, oft schmerzlichen Weg, um zu sich zu finden, ihrer wahren Identität körperlich endlich zu entsprechen. Sie könnten doch, gezeichnet durch ihren erkenntnisreichen Weg zum körperlich anderen Geschlecht, die wahren Mittler zwischen den Geschlechtern sein?

Hmm, aus eigener Erfahrung in den Communities und persönliche Begegnungen muss ich auch da mehrheitlich leise Zweifel anmelden.

Ganz viele trans* Personen sind von Selbstzweifeln besetzt, verbannen oder verfluchen ihr Leben vor der Transition, ignorieren ihr altes Sein, obwohl es ein integraler Bestandteil ihres Lebens war und bleiben wird, ob sie es wollen oder nicht. Das klingt somit auch nicht wirklich nach einer erfolgversprechenden Basis für die Mittlerrolle und einem Plan...

Und nun?


Lassen wir also alles beim Alten, lassen wir Frauen und Männer weiter unverstanden aneinander vorbei leben - jedenfalls oft? Warten wir auf neue Wege und Zeichen, die sich irgendwann, irgendwie und irgendwo auftun werden?


Nein - ich hätte da noch ein Ass im Ärmel. In aller Bescheidenheit und Demut - nehmen Sie mich!

Ok, Größenwahn gab's wohl auch schon witziger... und schriftlich kommt es wahrscheinlich nicht wirklich lustig rüber, aber es steckt durchaus Ernsthaftigkeit hinter der flapsigen Aussage mit dem kleinen Touch von Größenwahn.

Wie ich zuvor schrieb, haben viele trans* Personen selbst genug mit sich zu tun, und taugen daher nur bedingt dazu, anderen Menschen, Paaren näherzubringen, wie sie ihre unverstandenen Unterschiede zwischen Mars und Venus auflösen können.

Ich jedoch, und da bin ich keine exotische Ausnahme, sondern Teil einer kleinen Schar unter den trans* Personen, gehöre nicht zu denen, die ihr bereits gelebtes Leben im anderen Geschlecht verfluchen, es am liebsten ausradieren würden. Für mich ist es ein essentieller Teil meines Lebens, den ich nicht missen wollte, der mir zwar Probleme bereitete, aber definitiv zu meinem Ich dazu gehört. Wer wollte schon über 50 Jahre seines kurzen Lebens auf dieser Erde wegwerfen?

Ganz im Gegenteil, es ist eine Besonderheit, eine Erfahrung, die nur wenige Menschen haben. Ich betrachte es heute nicht mehr als Leidensweg, den ich beschreiten musste, ich betrachte es als Glücksfall, dass ich beide Seiten, beide Geschlechter in meinem Leben erfahren darf.

Ich habe meinen Weg spät gefunden, musste bereits über 50 Jahre auf dieser Erde gewandelt sein, meine Spuren hinterlassen haben, um endlich zu wissen, wohin ich gehöre, was meine Bestimmung ist, welchen Weg ich dahin gehen muss.

Nach meinem 1. Leben in der DDR, die ich 1987 verließ, dem Aufbau meines 2. Lebens in Bayern, verbunden mit Frau, Kindern, Haus und Selbständigkeit - der Illusion des vollständigen Glücks -, mit Hochs und Tiefs, wie in jedem anderen Leben auch, traf ich 2016 nach Jahren der Suche und Erkenntnis endlich die große fundamentale Entscheidung zu meinem 3. Leben, dem Leben als Frau.

Das führte mich endlich dorthin, wo ich immer sein wollte, ohne es viele Jahre gewusst zu haben. In dieser Transition-Phase von 04/2016 - 12/2018 erlebte ich nicht nur gewaltige Änderungen an und in mir, musste psychische Tiefs überwinden, erlebte Rückschläge und Einbrüche, musste Schmerzen und unerfreuliche Nebenwirkungen erfahren, und sie akzeptieren, ich durchwanderte auch ein Tal der Erkenntnis zwischen den Geschlechtern. Waren die körperlichen Änderungen, die Operationen in den 2,5 Jahren schon intensiv und umfangreich, mehr als ein normales Menschenleben normalerweise erfährt, so waren es die seelischen Änderungen, die letztlich viel intensiver und aufregender für mich waren. Sie machen den Kern der eigentlichen Veränderungen auf dem Weg zur Frau in mir eigentlich erst aus.

Nie in meinem Leben zuvor war ich so ein glücklicher Mensch wie heute. Nie war ich so ausgeglichen und in mir ruhend, nie hatte ich mehr Lebensfreude, niemals zuvor sah man in meinem Gesicht so viel Freundlichkeit und Lächeln, nie war meine Kommunikation so entspannt und verbindend. Und all das spüre ich nicht nur selbst, es spüren die Menschen um mich herum, ich bekomme es auch genauso zurück - was für ein wundervoller Zustand.

Dieses neue Lebensglück umfasst das private, sowie das berufliche Umfeld, alles fühlt sich rund und harmonisch an. Gäbe es eine Vergnügungssteuer auf Lust am Leben, ich müsste sie aktuell wohl zahlen. Was nicht ist...

Ich habe völlig neue Einblicke in meine Seelenwelt erhalten, meine Gefühlswelt, meine Gedanken haben sich völlig verändert, ich gehe heute anders, viel entspannter, offener, aufgeschlossener und entspannter durchs Leben. Das bringt eindeutig viele Vorteile mit sich, auch meine Probleme in früheren Zeiten, als ich oft mit dem Kopf durch die Wand wollte, alles nach Plan laufen musste (meinem Plan natürlich - und wehe, das lief anders), mein Recht um jeden Preis durchsetzen wollte, manchmal auch schlicht die Einsicht verweigerte, dass ich das Problem selbst verursacht hatte, und selbstverständlich die Konsequenzen zu tragen hatte, lösten sich Schritt für Schritt auf.

Wieviel einfacher ist doch heute mein Leben ohne die männlichen Attitüden, die ich zuvor natürlich hatte, oder aber zur Unterdrückung meiner Zweifel und Unzufriedenheit mit mir selbst, aufgesetzt hatte. Was war ich doch für ein testosteron-gesteuerter Möchtegern-Macho, nicht der üblichen, von sich selbst so sehr überzeugten Sorte, sondern eher der Macho-Art, die aus Erfolg und gleichzeitiger Unzufriedenheit resultierte - weniger authentisch ging es wohl kaum.

Obwohl ich im Freundes- und Bekanntenkreis einerseits eher der Frauenversteher war, lieber mit den Frauen (rein platonisch), als ihren Männern zusammen war, machte ich mich andererseits durch diese Macho-Allüren wiederum eher unbeliebt, natürlich ohne es zu realisieren.

Wie sehr anders ist das doch heute! Im Bekannten- und Freundeskreis, sogar bei meinem Sohn vermittle ich heute ein völlig anderes, eindeutig positiveres Bild von mir, werde als authentisch, offen und lebensfroh wahrgenommen. Mein Sohn sagt heute, er müsse mich neu kennen lernen, und das durchaus positiv trotz des Verlustes der guten alten Vater-Sohn-Beziehung. Egal wo ich mich heute bewege, ob im Job, Bekanntenkreis, Ärzte, Journalisten u.a.m., ich erfahre überall, dass die Menschen mir meine Lebensfreude, meine innere Ausgeglichenheit und Zufriedenheit anmerken. Ein wundervolles Gefühl!


Damit komme ich mal tollkühn zu meiner Ausgangsthese zurück - meinem Ass im Ärmel.

Nein, es ist kein Größenwahn, aber ja, es ist Ausdruck von Selbstbewusstsein und Vertrauen in mich selbst, das mich so eine verwegene Ansage machen ließ.

Ich traue mir heute zu, zwischen den Geschlechtern zu vermitteln, egal ob im privaten oder beruflichen Umfeld. Ich spüre, wo sich "Fronten" z.B. im Arbeitsumfeld aufbauen, egal, ob selbst betroffen oder im Umfeld, und kann gut damit umgehen, ja z.T. vermitteln und schlichten.

Ich kenne meine alten Sichtweisen, auch den Frauen gegenüber, noch bestens, und stelle sie meinen heutigen Sichtweisen gegenüber. Ich erkannte, wie wenig ich, trotz meiner Besonderheit als "Frau im Körper eines Mannes" von den Befindlichkeiten und Denkweisen von Frauen wusste, wie sehr ich dennoch in männlichen Klischees verhaftet war. Daher kann ich heute gut erkennen, wo die Barrieren, die Defizite in der Kommunikation und dem Verständnis zwischen Frauen und Männern liegen.

Dieses Wissen, diese Erfahrungen, die nicht sehr vielen Menschen vergönnt sind, kann man doch nicht einfach ungenutzt und brach liegen lassen, die muss ich doch irgendwie in den Dienst der umspannenden Geschlechter-Verständigung stellen, oder?


Was fange ich also am besten damit an?


Fortsetzung folgt…