Kürzlich hatte ich eine interessante Diskussion, basierend auf Auszügen aus einem sehr interessanten Buch. Es ging dabei in dem Artikel vordergründig um die Art und das Timing der Kommunikation zwischen Menschen, die auf unterschiedlichen Leveln stehen. Level ist hier höchst verallgemeinernd gefasst, meint kein geistiges Niveau und bezieht sich vordergründig auf gesellschaftliche Fragen.
Wie erreichen wir andere Menschen, was kommt bei anderen Menschen von unserem Sprachfluss an, was geht unter, wie reagieren sie auf unsere Worte, und warum geschieht das so?
Das Thema berührt mich auch selbst recht stark. Ich bin ein Mensch mit starken Grundüberzeugungen, die sich durch intensive Beschäftigung mit Politik und Gesellschaft bereits in der Jugend, und aus persönlichen Lebenserfahrungen herausgebildet haben. Zeitgeist-Denken ist eher nicht mein Thema, was nicht bedeutet, dass ich Zeitgeist ignoriere.
Gleichzeitig bin ich ein recht stringenter Mensch, Offenheit und Geradlinigkeit sind mir wichtig.
Diese ausgeprägten Grundüberzeugungen, verbunden mit meiner Direktheit, führen oft dazu, dass bei Diskussionen mit anderen Menschen, die sich weniger intensiv mit aktuellen Themen und deren Hintergründen beschäftigen, recht schnell Überforderung eintritt, die Klappen fallen, nicht wirklich das vordringt, was eigentlich mein Anliegen ist – blöd eigentlich…
Richtig, denn was nützen Diskussionen, wenn sie am Ende eine Einbahnstraße sind, und das Ergebnis bestenfalls angestrengtes Zustimmen, höfliches Zuhören, Abwürgen oder Verflachen der Diskussion ist.
Die Geradlinigkeit hat sicher ein wenig mit meiner Herkunft zu tun. Mein Vater war ebenso geradlinig und sehr bestimmend. Doch auch das Regionale hat Einfluss. Je nördlicher man in DE kommt, desto geradliniger und direkter sind die Menschen mehrheitlich in der Sprache. Als geborene Sächsin habe ich den Unterschied gerade in Bayern und der Schweiz oft bemerkt. Besonders die Schweizer haben mit deutscher Direktheit ihre Probleme.
Hinzu kommt wohl noch ein ganz spezieller Aspekt für mich. In mir selbst gibt es da noch 2 Kräfte, die wirken und ihre Bestimmung finden und zeigen wollen. Da ist die starke Geradlinigkeit, relativ kompromisslos, getragen fast auschließlich von logisch-analytischem Denken auf der einen Seite, und auf der anderen Seite ein starkes Verlangen, nur noch mir selbst gerecht zu werden, was vielmehr mit Emotionen, Körper und Seele zu tun hat. Ja, es gibt da tatsächlich noch einen Kampf zwischen den männlichen Anteilen und den weiblichen Anteilen in mir. Die weiblichen Anteile lassen mich immer wieder innehalten und zweifeln, haben auch eine mehrheitlich andere, weichere und integrierendere Form der Kommunikation manifestiert, doch die männlichen Anteile sind gerade in gesellschafts-politischen Fragen hartnäckig, wollen sich nicht verdrängen lassen, und kommen dann wohl um so prägnanter immer mal wieder in den Vordergrund.
Das wären sozusagen mal die harten Fakten… doch was bedeutet das?
- ich erreiche nicht das, was ich eigentlich möchte
- ich verschrecke manche Menschen
- manches wirkt auf Grund der Direktheit schroff oder gar „radikal“ – ganz sicher am
wenigsten gemeint und gewollt
Was passiert bei Kommunikationen unter dieser Betrachtungsweise, was sind die genauen Parameter für die nicht optimale Kommunikation?
Fangen wir beim ersten Punkt an, Intention und Ausdrucksweise.
1) Eine der wichtigsten Problematiken ist Komplexität. Die steht im Widerspruch zur Einfachheit des natürlichen Lebens. Ja, unser Leben ist, oder wäre eigentlich einfach, auch wenn die Natur für sich genommen, höchst komplex ist.
Die Komplexität unseres Lebens wird uns medial täglich suggeriert. Nichts wäre mehr einfach, nichts mehr lokal-regional, nichts mehr natürlich-einfach, natürlich-gesund. Die Welt sei komplex, global, und Jeder allein könne darin nicht mehr existieren. Ja, das kann man so sehen...
Doch am Ende steht als Ergebnis, dass die Menschen ihr Vertrauen in eigene Kraft, in die Einfachheit ihres natürlichen Lebens verlernt haben. Gleiches geschieht in unserer Gesellschaft. Seit Jahrzehnten wird alles verkompliziert und reguliert, nichts scheint mehr einfach zu sein.
Wozu hat das geführt? Resignation Vieler vor der vermeintlichen Komplexität – ist doch nicht zu ändern, was kann ich schon noch machen – sind die Antworten vieler Menschen
Das fällt auf das Thema Kommunikation zurück. Auf der einen Seite ist das Leben tatsächlich komplexer und komplizierter geworden, auf der anderen Seite gelten weiterhin die einfachen Grundstrukturen unseres Lebens. Auf einer Seite immer komplexere Politik, was unnötig wäre, würde man sie auf das Nötige beschränken, statt das Mögliche anzustreben, auf der anderen Seite Ohnmacht bei der Zerstörung unseres einfachen Lebens. Auf einer Seite die Versuche einfacher Erklärungen, auf der anderen Seite die Ernüchterung, weil einfache Antworten nicht taugen, da man alles verkompliziert hat. Das wird natürlich oft nach Gutdünken genutzt in der Politik.
Ganz konkret bedeutet das jedoch in der Kommunikation zwischen Menschen, die etwas unterschiedlich gestrickt und informiert sind, einen gewissen Konflikt. Wie sage ich es dem Gegenüber? Erkläre ich es einfach oder komplex, weil ich davon ausgehe, dass die komplexen Zusammenhänge weniger bekannt sind? Was nützt einfach, wenn komplexe Hintergründe fehlen? Was bringt komplex, wenn bereits innere Emigration eingetreten ist? Diese Problematik führt auch dazu, dass das Zuhören leidet, weil der Drang nach Vermittlung von Information zu mächtig wird, besonders, wenn man mit Herzblut dabei ist.
2) und 3) Intensität und Schwingung der Sprache
Auf jeden Menschen wirken sprechende Menschen anders, und alle Menschen drücken sich unterschiedlich aus. Es kann langweilig, monoton, anregend, aufregend, inspirierend, aufdringlich, eindringlich, oberflächig, intensiv u.a.m. wirken.
Es sind die Energie und Frequenz unserer Sprache, die den Unterschied machen, und diese wiederum ist Ausdruck unseres Denkens. Sprache besteht nicht losgelöst von unserem Denken, kann nicht willkürlich manipuliert werden von uns, sie ist direkter und unmittelbarer Ausdruck unseres Denkens. Nur gewisses Training, etwas Schleifen daran ist möglich.
4) Aura
Das ist unsere Ausstrahlung, unsere Wirkung auf andere Menschen, und zwar unabhängig vom gesprochenen Wort, oder der unmittelbaren Wirkung, sobald wir zum Reden angesetzt haben.
Daran können wir wohl am wenigsten nachhaltig und effektiv etwas ändern. Mehr oder weniger haben wir sie, oder wir haben sie halt weniger. Es ist die Kombination aus dem Äußeren, der Haltung und der Energie, die von uns auf andere Menschen wirkt.
5) Zeitpunkt
Ja, Timing ist in vielen Situationen das Entscheidende. Die ersten 4 Punkte können optimal sein, bringen wir es zum falschen Zeitpunkt, der unpassenden Situation, zu lang, zu kurz an unseren Gesprächspartner, wird es seine gewünschte Wirkung verfehlen.
Sie sehen, es gibt da in der Summe viele Aspekte, die Kommunikation gelingen oder scheitern lassen.
Ist unser Leben also doch zu komplex, so dass einfache Kommunikation kaum mehr möglich ist?
Unser Leben ist nicht wirklich komplex, wir machen es kompliziert, haben das teilweise von unseren Eltern schon so übernommen. Wir haben bei unserer Geburt eine reine natürliche Kraft, doch von Jahrzehnt zu Jahrzehnt nimmt die Tendenz zu, dass wir diese Kraft immer früher verlassen, uns verstricken in Konstrukte, die uns wenig förderlich sind. Das vollziehen wir nicht allein, das ist Ergebnis unserer Umwelt, Erziehung, Schule, Beruf, unseres aktuellen Lebensstils, der immer unnatürlicher wird. Daher benötigen wir immer mehr Regulatorien, äußere Eingriffe, staatliche Autoritäten und Eingriffe in unser Leben. Das wiederum überfordert Menschen zunehmend, sie nehmen sich raus, schalten politisch ab, was wiederum die Kommunikation erschwert, weil so erhebliche Wissensunterschiede entstehen, und dabei der Blick aufs Ganze leidet.
Es gibt einen weiteren wichtigen Aspekt. Viele Wissenschaftler sehen eine abnehmende Fähigkeit der nachwachsenden Generationen zu komplexem Denken, obwohl genau das Gegenteil nötig wäre. Ein Ergebnis der medialen Informationsflut, dem veränderten Lebensumfeld von Kindern und den Problemen der inhaltlichen Ausrichtung unseres Bildungswesens.
Auch das wirkt natürlich auf Komunkation.
Das alles entfernt uns Menschen voneinander, macht Kommunikation immer schwieriger, macht unser Leben ärmer und freudloser, schürt Spannung, Unverständnis und Spaltung.
Was also kann der richtige Weg aus dem Dilemma sein?
Wir alle müssen wieder zu uns selbst finden, müssen in uns schauen, hören und fühlen. Wir brauchen wieder das kindliche Urvertrauen, das uns allen mehr oder weniger verloren gegangen ist oder aberzogen wurde.
Wenn wir es wiederfinden und integrieren, wird das Leben auch wieder einfacher, denn dann können wir Konstrukte und Beschränkungen hinter uns lassen, die uns das Leben heute so komplex erscheinen lassen. Dann können wir wieder autarker und selbstbewusster durchs Leben gehen, und uns befreien von zu vielen äußeren Einflüssen. Dann finden wir auch wieder die Kraft, Dinge zu erkennen, die gegen unser natürliches Leben gerichtet sind, und können sie abweisen.
Wenn wir das schaffen, wird auch Kommunikation wieder verbindlicher und einfacher - wobei einfach nicht zu verwechseln sein darf mit oberflächlich - das gegenseitige Zuhören leichter, weil wir uns auf das Wesentliche im Leben einlassen können – unser Leben, unser Sein!
Mir hat die Diskussion einiges an Input gegeben. Nicht, dass ich es nicht gewusst hätte, doch es war teilweise entrückt, nicht mehr vordergründig und verankert. Es braucht mehr Zurückhaltung, weniger Intensität, mehr Gefühl in der Kommunikation.
Daran wird jetzt gearbeitet… wo es mich selbst betrifft.
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