Ich stehe noch stark unter den Eindrücken der Ereignisse am Samstag, den 29.08.2020 in Berlin.
Wie viele Andere auch, hatte ich eine Erwartungshaltung, eine Hoffnung – keine Illusionen!
Illusionen schon aus dem Grund nicht, weil ich wohl ein wenig weiterschaue, als manch andere Teilnehmer, über den Tag-x hinaus.
Tag-x, das wäre für mich Schritt 1 – Rücktritt der Bundesregierung.
Gleich Rücktritt höre ich manche fragen, reicht nicht auch ein Ändern der aktuellen Politik? Nein, ein ganz klares Nein - das ist unmöglich. Es geht längst um mehr als „nur“ Corona und die unsäglichen Maßnahmen, es geht um prinzipielle Fragen unserer Demokratie, unseres politischen Systems, das sich verselbständigt hat, Interessen verfolgt, die mit denen der Mehrheit nicht mehr übereinstimmen, ohne es je zuvor erklärt zu haben – es geht um weitgehenden Vertrauensverlust!
Daran würden Änderungen am Personal, Rücknahme einiger Corona-Regeln nichts mehr ändern. Neuwahlen, von dieser Regierung eventuell gnädig eingeräumt, würden nichts ändern, es würde gleich weitergehen mit ein paar neuen Gesichtern an der Spitze.
Das ist meine Sicht, doch viele teilen das.
Meine Vorstellungen, mein Ziel habe ich in meinem 20-Punkte Plan niedergeschrieben - 2 Blogeinträge zuvor.
Schritt 1 – Rücktritt der Bundesregierung wurde also nicht erreicht. Ok, zählte für mich zur Hoffnung, dicht an Illusion. Schlimmer ist jedoch, dass niemand in dieser Regierung einen Gedanken an Dialog verschwendet, wir werden beschimpft, diffamiert, die Fakten manipuliert, während die gleiche Regierung die Opposition in Weißrussland zu Demos und Widerstand motiviert, von Grundrechten auf Meinungsfreiheit faselt u.a.m. Das ist Doppelmoral, das ist Zynismus und Verhöhnung der Menschen hierzulande.
Was hat also die Demo vom Sa. gebracht, außer viele Erkenntnisse, Erlebnisse und Erfahrungen für die Teilnehmer? Nicht viel, oder?
Nicht einmal dieser unhaltbare Berliner Innenminister, seines Zeichens der perfekte Wendehals – von SED zu SPD – verantwortlich für drei rechtswidrige Anordnungen, wird in irgendeiner Form zur Verantwortung gezwungen, darf unbehelligt weitermachen.
Ja, ich gebe zu, die Verlogenheit, die Demokratiefeindlichkeit einiger Politiker, die das Wort Demokratie ansonsten wie eine Monstranz vor sich hertragen, ist erschreckend, und das hat mich am Sa. teilweise etwas deprimiert.
Wir wollen friedlich sein, wollen in Liebe für unsere Sache streiten, Menschen überzeugen, für die Wahrheit eintreten, die durch diese Regierung mit Füßen getreten wird. Ist das die eigentliche Illusion, ist es der falsche Weg? Trotz alledem werden wir von Medien und Politikern mit Gewaltbereiten, mit Rechtsextremen in einen Sack gesteckt, und es wird lustig draufgeschlagen.
Ist die Realität vielleicht diese:
Wir verhalten uns friedvoll, akzeptieren sogar gewisse absurde Corona-Regeln, damit wir demonstrieren dürfen?
Akzeptanz einer dieser rechtswidrigen Maßnahmen, um unser Grundrecht wahrnehmen zu dürfen – kann es das sein?
Die Polizei sagt Stopp trotz Genehmigung der Demo, und wir bleiben brav stehen?
Die Polizei sagt Abstand, und wir halten brav Abstand?
Die Polizei stellt Absperrungen auf, und wir bleiben brav dahinter stehen?
Haben die Menschen 1989 in der DDR gewartet, bis ihnen das Regime die Erlaubnis zum Widerstand auf der Straße gab? Nein, sie haben sich ihr Recht genommen!
Kann es sein, dass man uns unter diesen Regeln erlaubt, uns am Sa. zu artikulieren, wo kein Politiker direkt etwas mitbekommt, und am Mo. geht jeweils alles im gleichen Stil weiter?
Kann es sein, dass man uns ein Stöckchen Freiheit hinwirft, und wir beißen zu – Brot und Spiele?
Kann es sein, dass das bekannte medial-politische Spiel in unserem Land - verknüpfe Andersdenkende mit Rechtsextremismus - und alles löst sich in Wohlgefallen aus, wieder Erfolg haben wird?
In der DDR haben einige Leipziger Montags-Demos und eine große Berliner Demo ausgereicht, das Regime zum Einlenken zu zwingen.
In unserer „Demokratie“ juckt es jedoch keinen Politiker, was da außerhalb ihres Elfenbeinturmes geschieht, sie verhöhnen uns.
Werden wir also noch x-mal “Samstags-Spiele“ veranstalten, und Montags geht es einfach weiter wie gehabt?
Ich befürchte, so wird es sein, es sei denn, ich täusche mich, und jedes Mal wachen Hunderttausende auf – ich kann das aber nicht sehen.
In diesem Kontext sehe ich aktuell auch manches auf der Demo-Bühne kritisch. Die Auftritte von Nana - ohne Zweifel ein toller Unterhalter - haben doch einen sehr starken Show- und Animations-Einschlag. Animation im Stil von "ich sage A" und "ihr sagt B" empfinde ich als unpassend, machen aus einer politischen Demo eine Show, und haben sogar etwas Manipulatives.
Was bleibt dann als Weg zum Ziel?
Ich denke, es wird kein Weg daran vorbeiführen, konsequenter vorzugehen. Wir können nicht jedes hingeworfene Stöckchen aufnehmen und uns am Nasenring durch die Manage führen lassen. Wir müssen ein Stück weit auch mutiger werden, wir müssen gewisse Gegen-Maßnahmen ignorieren, und einfach einen Schritt weiter gehen.
Wir müssen Absperrungen auch einmal ignorieren, und an ihnen vorbei gehen, müssen unsere Komfortzone wohl etwas verlassen.
Nein – ich rede nicht von Gewalt, ich rede davon, nicht jede Gegen-Maßnahme demütig zu akzeptieren. Ja, es kann sein, dass dann auch einmal Gewalt als Reaktion kommen könnte, aber nicht ausgeübt durch uns.
Es wird sich dann zeigen, wo diese Polizei steht, wie weit sie gehen wird, wann das eigene Gewissen die Oberhand bekommt.
Und es stellt sich eine wichtige Frage. Macht es Sinn, das weiter am Wochenende zu tun? Ja, es ist für alle Beteiligten natürlich bedeutend einfacher zu verbinden mit Arbeit und Familie, das ist keine Frage.
Doch, wie schon bemerkt, kein Politiker bekommt direkt etwas mit, sie echauffieren sich, entrüsten sich, schwingen die Moralkeulen, die ihnen längst zu groß geworden sind, und am Montag geht alles weiter wie bisher.
Was aber, wenn am Montag kein Politiker wie gewohnt mit seiner Limousine am Bundestag, am Kanzleramt oder dem Reichstag vorfahren kann, sondern konfrontiert wird mit Tausenden friedlichen, aber entschlossenen Demonstranten? Wäre das nicht erheblich wirkungsvoller?
Ich habe einen gewaltigen Respekt, und empfinde Hochachtung vor allen Organisatoren und Helfern der Querdenken-Bewegung, den Ärzten für Aufklärung, Anwälten, die in atemberaubender Geschwindigkeit agieren und das Recht durchsetzen. Aber wird es uns in dieser Form ans Ziel bringen, oder irgendwann versanden, weil sich real nichts ändert?
Dazu noch eine brisante, fast ketzerische Frage, für viele eine schier undenkbare These - doch kein Gedanke sollte von vornherein verboten sein.
Kann es eine Verbindung mit Menschen geben, die primär andere Ziele verfolgen, als die Corona-Maßnamen, die z.B. aktuell das Thema Friedensvertrag mit Russland und den USA recht stark forcieren, wo allerdings auch "Reichflaggen" zu sehen sind, nur um dieses große Ziel des Rücktritts der Regierung zu erreichen?
Marxisten dürfen bei Querdenken auch zu Wort kommen, ebenso ein politisches Extrem.
Könnte das also möglich sein, oder ist das undenkbar?
Oder sollten alle Extreme ausgeschlossen werden aus der Bewegung?
Oder sollten jetzt alle mitwirken können, und hinterher kann man wieder demokratisch über Inhalte streiten? Denn etwas ist sicher, egal wie konsequent sich Querdenken von Extremen abgrenzen wird, es wird nicht gelingen, Medien und Politik davon abzuhalten, immerzu diese Verbindung zu konstruieren und zu behaupten.
Was ist also der richtige Weg, gibt es den überhaupt?
Nur eine Anmerkung dazu im Kontext der Medien- und Politik-Meldungen. "Reichsflaggen", also die 3 waagerechten Balken in den Farben Schwarz-Weiß-Rot (nicht die Reichskriegsflagge!), sind kein NS-Symbol. Die Farben des Kaiserreichs und der Weimarer Republik (dort schon strittig) wurden von den National-Sozialisten zwar übernommen, aber nur in der Form mit dem Hakenkreuz auf roter Flagge.
Über all das kann man sehr gern jederzeit mit mir sachlich, ohne Schaum vorm Mund, diskutieren und philosophieren! Auf konstruktiven Dialog freue ich mich.
Liebe Grüße
Ulrika
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