Von der Raupe zum Schmetterling
Feb 22 - Wie wir ticken

Warum ticken wir so unterschiedlich?

Menschen in Ost und West, Junge und Alte

Bildungs- und Sozialisierungs-Unterschiede

Heute wage ich mich an ein sehr heikles Thema, gespickt mit Tretminen, und ich hoffe, es explodieren nicht zu viele…

Ich habe lange darüber nachgedacht, ob ich es tun soll, oder lieber schweigen soll, doch angesichts all der Entwicklungen in unserem Land hat eine innere Stimme gesagt: tu es, sei kein Feigling!

Worum geht es? Es geht um die Frage, wie es in unserem Land von jung bis alt, von Ost bis West um die Differenzierungen bei Bildung aussieht. Gibt es, abgesehen von den Themen der Länderspezifischen Unterschiede im Schulsystem, die man z.B. zwischen Bremen und Bayern finden kann, noch ganz andere Indikatoren, die dazu beitragen, dass Vieles so ist, wie es sich gerade zeigt, und worüber niemand redet?  

Mir begegnen diese Fragen seit über 30 Jahren, lange habe ich sie verdrängt, anfänglich noch ganz anders betrachtet, doch seit einigen Jahren drängt es sich vehement auf, und aktuell schreit es mir förmlich ins Gesicht.

Ich fragte mich, warum es in den Corona-Diskussionen aktuell so offensichtlich massive Unterschiede zwischen den Generationen gibt, und ebenso zwischen Ost und West. Langsam ändert sich das Verhältnis bei den Jahrgängen. Waren es vor 1,5 Jahren noch hauptsächlich die Menschen ab ca. 45 J. aufwärts, die dem Thema kritisch gegenüberstanden, so verjüngt es sich jetzt deutlich, was wohl offenbar viel mit dem drohenden Impfzwang zu tun hat.

Doch auch zwischen Ost und West stellte ich viele Unterschiede fest. Im Osten, da kann ich besonders die Sachsen beurteilen, dort habe ich im Sommer 2021 ca. 6 Wochen im Wahlkampf verbracht, verfüge aber auch über viele private Kontakte, und bin dort aufgewachsen, ist man nicht nur kritischer, ich stellte auch fest, dass das Gefühl für Freiheit und deren Einschränkungen dort viel emotionaler betrachtet wird. Ein Aspekt liegt auf der Hand, die Ostdeutschen mussten sie sich erstreiten, während die Westdeutschen sie geschenkt bekamen, und die Masse der heute Lebenden kennt kein Leben ohne Freiheit, es war gegeben und normal. Da tut man sich leichter, mal „etwas Freiheit abzugeben“.

Doch, wie Eingangs formuliert, geht es mir weniger um das Gefühlte, sondern um den Aspekt Bildung und Schulsystem.

Ich bin Jahrgang 1959, in Leipzig geboren und aufgewachsen, habe meine gesamte Schul- und Ausbildungszeit also in der DDR erlebt. Nach meiner Flucht 1987 habe ich einige Zeit mit dem Gefühl gelebt, trotz meiner Ablehnung des Systems, die bereits mit 14 Jahren begann, meiner politisch kritischen Sicht, dennoch den Manipulationen des DDR-Schulsystems ausgeliefert gewesen zu sein, zumindest wollten mir das Manche suggerieren. Tatsächlich glaubte ich damals, zumindest punktuell im schlechteren Schulsystem aufgewachsen zu sein, obwohl sich andererseits die Firmen um mich bei der Jobsuche auf Grund meiner Qualifikation rissen. Es dauerte daher auch nicht lange, bis mir daran Zweifel kamen. Der Umgang mit den Menschen hier in Bayern, die Gespräche, die Intentionen, die Tiefe der Gespräche, all das war anders als früher in der DDR, war etwas „flacher“. Gut möglich, dass es an mir lag, dass meine Erwartungen individuell anders waren, wie die des Durchschnittes, doch ich bekam das, wenn ich mit anderen Ostdeutschen sprach, auch von ihnen gespiegelt. Egal, welche Themen es waren im allgemeinen gesellschaftlichen Umfeld, von Wirtschaft über Politik bis Umwelt, Einwanderung und nun Corona, die Sichtweisen, die Diskussionskultur, die Tiefgründigkeit, die Komplexität war anders.

Bei den jüngeren Menschen, und hier hört der Unterschied zwischen Ost und West fast völlig auf, stellte ich allgemein wenig Interesse an politischen Themen fest, die Oberflächlichkeit ist überall ähnlich, das vermeintlich „Gemeinsame“, „Solidarische“ und Symbolische nimmt einen hohen Stellenwert ein, unabhängig davon, wie nachhaltig und wahrhaftig das wirklich ist, wenn man genauer hinsieht.

Hingegen sehe ich bei den Älteren einen deutlichen Unterschied zwischen Ost und West. Das beginnt so bei den heute 50-jährigen, endet aber wieder jenseits der 70-80jährigen.

Anmerkung: Das sind weder repräsentative Aussagen, es basiert auf keinen Studien, es sind nur meine persönlichen Erlebnisse und Erfahrungen, angereichert durch Beobachtungen aus dem Bekanntenkreis. Ebenso wichtig, hier wird Niemand persönlich angegriffen oder gekennzeichnet, es sind Beobachtungen allgemeiner Art, und es gibt wie immer und überall schwimmende Grenzen und Ausnahmen, auch die Altersgruppengrenzen sind natürlich diffus.

Es gibt überall tolle Menschen und welche, die uns weniger berühren. Tolle Menschen lerne ich gerade viele kennen, hier in Bayern und anderswo. Ein wenig Augenzwinkern ist also hilfreich beim lesen.


Das ergibt für mich grob 4 „Kategorien“ (schön, wenn man Schubladen nutzen kann…)

  1. Die Jugend in Ost und West, und 30-45jährige
  2. Die Generation der 45-70jährigen im Osten
  3. Die Generation der 45-70jährigen im Westen
  4. Die Generation der über 70-jährigen in Ost und West

Was kennzeichnet in meiner Sichtweise die Menschen der 4 Kategorien?


1.) Jugend bis 45 J.

Diese Generation, nein es sind nun etwa 1,5 Generationen, sind nach der Wendezeit in die Schule gekommen, oder haben einen gewichtigen Teil der Schulzeit nach der Wende erlebt, haben max. 10 Jahre in unterschiedlichen Systemen gelebt, haben ihre Sozialisation außerhalb des Elternhauses somit nach der Wiedervereinigung erlebt. Keine Frage, dass das Elternhaus zuvor auch wichtig war, und die Nachwendezeit natürlich noch unterschiedlich war.

Dennoch, sie sind aufgewachsen im Schulsystem der früheren BRD, das in das vereinte Deutschland übernommen wurde. Ich könnte jetzt eine Menge darüber schreiben, was ich von unserem Schulsystem halte, was ich bei meinen Kindern in der Schule erlebte, was ich von den Lerninhalten, Methoden und der Pädagogik halte. Ich könnte viel darüber schreiben, was ich von den massiven politischen Beeinflussungen, den tw. ideologischen Eingriffen halte. Doch das führte zu weit. Im Übrigen setzt sich das nahtlos in den Universitäten fort, die heute kein Ort für Freigeister mehr sind.

Ich mache es daher kurz. In meiner Sicht ist das Schulsystem darauf ausgerichtet funktionierende, der Wirtschaft und dem System dienliche, auf Symbolisch ausgerichtete und ansonsten angepasste Menschen zu erziehen. Der regional-nationale Bezug ihrer Identität spielt keine Rolle mehr, sie seien Europäer und Globalisierung in allen Belangen sei die neue gute Weltsicht. Der wissenschaftliche, politische und gesellschaftliche Diskurs, das Erlernen komplexer Denkmuster, kurz: der eigenverantwortlich, selbstbestimmte, aber zugleich verbindliche, selbstdenkende und naturverbundene Mensch kommt definitiv zu wenig dabei vor.

Mit diesen erlernten Sichtweisen haben es natürlich Politiker, Globalisten und Weltverbesserer aller Schattierungen sehr leicht, sie finden hier eine gut vorbereitende Klientel, in einfachem schwarz-weiß, gut-böse, links-rechts Denken behaftet. Das erklärt auch ihr Verhalten in den globalen Fragen der letzten Jahre, egal ob besondere gesellschaftliche Gruppierungen, Klima, Flüchtlinge oder Corona.


2.) Die Generation der 45-70jährigen im Osten

Meine Generation und Herkunft. Wir wuchsen in einem Schulsystem und Land auf, in dem die Kinder-Früherziehung im Geist des Sozialismus Programm war. Wöchentlich war Staatsbürgerkunde-Unterricht angesagt – die Marxismus-Indoktrination. Genau die Art ideologischer Beeinflussung, die ich zuvor am heutigen Schulsystem kritisierte. Doch es gibt einen gewaltigen Unterschied. Wir wussten vor dem Unterricht – jetzt ist wieder Gehirnwäsche angesagt, uns war klar, was kam. Die große Mehrheit von uns hat schlicht gute Miene zum bösen Spiel gemacht, um eine halbwegs gute Note zu haben – durchzukommen. Nur eine Minderheit hat das ernst genommen oder geglaubt. Dennoch war es in gewissem Rahmen, abhängig von der Lehrkraft, sogar möglich, teilweise gar gewünscht, relativ kontrovers zu diskutieren, solange man es nicht per se in Frage stellte. Wir lernten also damit umzugehen, wir lernten Dialektik. Im sonstigen Lehrplan war Diskurs und wissenschaftliches lernen und denken in den Naturwissenschaftlichen Fächern weit ausgeprägter als heute.

Das trifft ebenso auf die Medien zu, die damals übersichtlich aus Radio, Fernsehen und Zeitung bestanden. Wenn wir, in meinem Fall von den Eltern "angeregt", "Aktuelle Kamera" schauten, dann war uns klar, dass dort Unsinn verbreitet wird, das traf auf alle anderen Medien ebenso zu. Wir konnten recht klar zwischen Nachrichten und Propaganda unterscheiden. Die heutige Fernseh-Perversion in Form von Brot & Spiele gab es zum Glück noch nicht.

Ganz nebenbei war auch Sport noch ein Hauptfach in der Schule und Übergewichtigkeit kaum anzutreffen, war Schulgartenunterricht, also Nähe zur Natur und natürlicher Ernährung, noch Bestandteil.

Wir wurden also trotz staatlicher Indoktrination dennoch zu komplexem Denken angeleitet, während die heutige Jugend im Glauben in die Schule geht, dort nicht indoktriniert zu werden.

Weiß ich, was auf mich zukommt, kann ich damit umgehen, weiß ich es nicht, werde ich williges Opfer – das ist der fundamentale Unterschied.


3.) Die Generation der 45-70jährigen im Westen

Diese Generation ist wenig entfernt von der heutigen Jugend.

Sie wuchs im Nach-Wirtschaftswunder Zeitalter auf, beeinflusst von der 68er Bewegung, später massiv von den Grünen beeinflusst, die als vermeintliche Öko-Partei die gesamte Gesellschaft in sozialistischer Weise umbauen wollten und wollen. Auch hier hat die Mehrheit nicht erkannt, was die wahren Ziele der Grünen waren, wie wir es heute sehen, sondern ließ sich vom Öko-Label blenden. Sie sind, trotz teilweise noch anders strukturierter Elternhäuser, die Vorläufer und Wegbereiter der heutigen Jugend, sie schufen dieses Schulsystem, diese Medienlandschaft, sind die dominierenden Politiker und Verantwortlichen in der Gesellschaft.

Dass es dennoch ausgerechnet eine Ostdeutsche war, die unser Land in den letzten 16 Jahren zusehends ruinierte, widerlegt meine Theorie nicht. Sie wurde von den westdeutschen „Eliten“ dorthin gebracht, und ist ansonsten durchaus eine hochintelligente Frau, wenn auch falsch gerichtet.


4.) Die Generation der über 70-jährigen in Ost und West

Das ist eine besondere Generation in mehrerlei Hinsicht. Der einfachste Aspekt – im Alter ist man zunehmend auf Harmonie ausgerichtet, meidet Streit und Widersprüche, nimmt Dinge hin, die man in früheren Jahren eher nicht akzeptiert hätte – um des lieben Frieden willen. Das ist absolut nachvollziehbar.

Zweiter Aspekt, es ist die Aufbau-Generation. Für sie ist es, hier besonders die Westdeutschen, kaum vorstellbar, dass sich in der Gesellschaft und der Welt etwas so dramatisch verändert haben soll, dass sie es nicht mehr wiedererkennen. Sie sehen ihr Lebenswerk bedroht, wollen es nicht wahrhaben. Zudem ist es die Generation, die mit alternativen Medien und Internet wenig am Hut hat. Demzufolge konsumieren sie ausschließlich die öffentlich-rechtlichen Medien und nehmen das alles für bare Münze, denn von da kam früher (fast) immer die Wahrheit. Im Osten hingegen fühlen sich Viele nach der Wende nun zum zweiten Mal betrogen, und haben mit dem Staat völlig abgeschlossen, oder glauben noch, dass mit der Wende alles gut geworden war – eine Minderheit.

Fazit:

Eigentlich bleibt von allen Menschen in diesem Land nur die Gruppe 2 (die Generation der 45-70jährigen im Osten) übrig, die am wenigsten indoktriniert sind, die noch erzogen wurden zu logischem und komplexem Denken, und die Freiheit als wertvolles und zu verteidigendes Gut betrachten, weil sie wissen, dass es auch anders sein kann, und dies selbst erlebten. Ganz nebenbei ist es die Generation, die am natürlichsten aufwuchs, am gesündesten ernährt wurde, auch wenn eher Mangel die Ursache war. Konservierungs- und Farbstoffe in Lebensmitteln gab es nicht, folgerichtig auch kaum Allergien. Medizin war noch unabhängig von Profitgeiler Pharmaindustrie, was wohl ebenfalls massiven Einfluss auf ihr heutiges Sein in allen Belangen gehabt haben dürfte.

Denen folgen die Menschen der Gruppe 3 (die Generation der 45-70jährigen im Westen), die nicht den neuen roten und grünen Ideologen erlagen, und sich freies Denken in der genormten Gesellschaft erhalten haben.

Dann folgt unsere Jugend, eigentlich die Zukunft der Gesellschaft, die Avantgarde.

In der Mehrheit ist es leider eine belogene und verkaufte Generation. Aber auch hier gibt es natürlich Ausnahmen, denn nicht immer setzt sich die Umgebung durch, manchmal überragen das Elternhaus oder die Gene der Großeltern.

Haben sie zu Beginn der Corona-Krise das getan, was für sie logisch erschien im Kontext der Erziehung – mitmachen, schweigen, „Solidarität“ zeigen - so wendet sich jetzt einiges. Die rote Linie – Impfzwang für Alle – hat dann wohl doch das eigene Denken angeregt, und immer mehr junge Menschen schließen sich den Kritikern und Protesten an. Die teilweise heftigen Schulerlebnisse haben wohl auch viele wachgerüttelt, andere wiederum traumatisiert.

Das „Schlusslicht“ bilden naturgemäß unsere Alten, was ich respektvoll betrachte. Doch auch hier gibt es Ausnahmen, ich habe schon viele Ü70er, gar Ü80er auf Protesten gesehen – sie haben meinen besonderen Respekt!

So – ich habe es gewagt, habe das dünne Eis betreten. Gern würde ich darüber diskutieren, das wäre der eigentliche Sinn solcher Aussagen, Anregung zum Diskurs ohne Scheuklappen und Schaum vorm Mund.

Noch eine klarstellende Bemerkung dazu. Es liegt mir gewiss nichts daran, eine „Kategorie“ von Menschen höher, besser, schlechter zu bewerten, noch weniger habe ich Spaß daran, evtl. einer „besseren“ Gruppe anzugehören, welchen Sinn ergäbe das? Viel lieber wäre mir, es gäbe gar keinen Anlass zu solchen Gedankenspielen, und die breite Masse würde ein selbstbestimmtes, eigenverantwortliches, gesundes Leben führen, würde Freiheit und Rechtsstaat für zu verteidigende Werte halten. Nebenbei, weil zurzeit gern mit kruden Argumenten die Freiheit relativiert wird. Freiheit ist für mich nicht, zu tun was ich will, sondern nicht tun zu müssen, was ich nicht will. Grundrechte sind keine Frage von Verhältnis Rechte-Pflichten, es sind unverhandelbare Grundrechte ohne Bedingungen.

Doch es ist leider Realität in diesem Land, das wir kein freies Schul- und Bildungssystem haben, keine ideologiefreie Bildung, der Staat vielmehr die Hoheit über die Kinder erlangen möchte, was eben zu solchen gesellschaftlichen Verwerfungen führte, zu tiefer Spaltung der Gesellschaft.

Ein Phänomen ist die völlige Verhärtung der „Fronten“, gefördert durch die totalitären Maßnahmen und Strukturen, die sich etablierten.

Selbst das Erkennen eigener Fehleinschätzung führt noch lange nicht dazu, dies auch öffentlich zuzugeben. Dazu braucht es Rückgrat und Mut, auch etwas, dass flächendeckend abhanden gekommen ist in unserer Gesellschaft.

Um all das zu überwinden, müssen wir es erst umfassend erkennen und akzeptieren, bevor wir es ändern können.

Auch das ist eine Aufgabe, die uns in dieser Zeit zukommt, uns ermöglicht wird. Das ist die positive Seite der Zeitenwende, an der wir als Menschen stehen.


Zusammen in Einheit für Frieden, Glück und Freiheit!